Das Kreuz (1996/97)
Uraufführung (UA): Hameln, Münster St. Bonifatius, 1. März 1997;
Franka Kraneis (Sopran), Vokalkreis Hameln, Instrumental-Ensemble; Ltg.: Jörn Arnecke
Besetzung: Sopr - Fl - Sax (T/A) - Pk - Vl I - Vl II - Va - Vc - Kb - Chor
Dauer: 70 Minuten
Franka Kraneis (Sopran), Vokalkreis Hameln, Instrumental-Ensemble; Ltg.: Jörn Arnecke
Besetzung: Sopr - Fl - Sax (T/A) - Pk - Vl I - Vl II - Va - Vc - Kb - Chor
Dauer: 70 Minuten
Einführung
Das Werk versucht eine neue Deutung der Passionsgeschichte, indem in einer modernen Musiksprache alte Lieder und Sätze durchscheinen und die Passion so in die heutige Zeit übersetzen.
Lesen Sie hier ein Interview mit Jörn Arnecke zu "Das Kreuz" (Deister- und Weserzeitung, 26. Februar 1997).
Lesen Sie hier ein Interview mit Jörn Arnecke zu "Das Kreuz" (Deister- und Weserzeitung, 26. Februar 1997).
Rezensionen
Wanderung querab bekannter Pfade der Passionsmusik
Jörn Arnecke: Uraufführung seiner Lied-Passion "Das Kreuz" mit dem Vokalkreis Hameln im Münster St. Bonifatius
Jörn Arnecke: Uraufführung seiner Lied-Passion "Das Kreuz" mit dem Vokalkreis Hameln im Münster St. Bonifatius
Zu einer Wanderung querab bekannter Pfade der Passionsmusik lud Manfred Arendt das Publikum im gut besetzten Hamelner Münster am Samstag abend ein. Neuland sollte betreten werden mit der Liedpassion "Das Kreuz" von Jörn Arnecke, die mit dem Vokalkreis Hameln unter der Leitung des Komponisten uraufgeführt wurde.
Manfred Arendts Warnung, es gelte Unbequemes und Mühsames auf diesem Weg aus Volksliedern, Chorälen und moderner Tonsprache in Musik und Sprechgesang auszuhalten, stellte sich am Ende als freundliche Übertreibung heraus. Das 70minütige Werk trägt durchweg meditativen Charakter, verzichtet weitgehend auf dramatische Effekte.
Zwei Linien kennzeichnen "das Kreuz": ein lothringisches Volkslied, das mit in einem Gespräch zwischen Maria und Jesus die Tage der Karwoche als Stationen auf dem Leidenweg Jesu bis hin zur Auferstehung (!) beschreibt. Jörn Arnecke läßt diesem Chorlied seinen naiven Charakter, variiert die Strophen nur geringfügig und gibt ihm so einen Wiedererkennungswert — die horizontale Linie des Kreuzes?
Die zweite (senkrechte?) Linie reißt den Hörer immer wieder aus der Betrachtungsebene, stößt in die Tiefe der Gegenwartsprobleme, führt aber am Ende in die Höhe der Hoffnung: Meditationstexte von Manfred Arendt, von Franka Kraneis engagiert in klarer, hoher Lage, zum Teil durch Sprechgesang, Zischlaute und Silbenreihungen vorgetragen, mit abstürzenden Glissandi eindrücklich die Bewegung vertiefend.
So vielschichtig wie das über allem schwebende Kreuz von Friedrich Heißmeyer tauchen weitere Richtungslinien auf: Choräle, auf weichem Bogen gesungen, deren wohltuende Harmonik durch schabende Mißtöne oder dissonant-stolpernde Begleitung gestört wird.
Drei Zäsuren sind Hinweis auf die Richtungen der Abschnitte: Abwärts, Vorwärts-rückwärts und Aufwärts sind die Flötensoli benannt, die Ruhepausen schaffen zwischen den übergangslos sich aneinanderfügenden Elementen. Überwiegend ruhig, mit Stakkatoeinschüben, überblasenen und angesummten Tönen bündelte Sabine Kaufmann (Querflöte) die Bilderflut, die sich vorm Hörer auftut. Ungewöhnlich für eine Passion, aber notwenidig für die vertikale Kreuzlinie: die Auferstehung, die Bewegung nach oben. Befreiung, Hoffnung klang aus der jazzigen Harmonik des "Christ ist erstanden".
Das Saxophon (Thorsten Domeyer) erhob trotzig seine Stimme gegen die düsteren Visionen, riß Chor und Vokalstimme zu freudigem Glanz. Aus dem Ineinander von "Halleluja" und "Kyrie eleison" erwuchs dann noch einmal die Klage, die aufgenommen wurde in dem endlosen, immer mehr auf die menschliche Stimme reduzierten "Herr, erbarme dich", dessen Silben immenr leiser werdend im Raum verhallten.
Die Musiker und die Solistin, vor allem aber der Chor hatten mit diesem Werk eine schwierige Aufgabe übernommen. Wach und präzise folgten sie dem wuchtigen Dirigat, setzten Vokalstimmen instrumental (und umgekehrt) ein, mußten Dissonanzen, auseinanderlaufende Rhythmik und Tempi aushalten, vielstimmigen Chor auf wenigen Silben und Verflechtungen von Lied- und Fugatoteilen. Trotz kleiner Irritationen gelang allen eine überzeugende Darbietung.
Ein großes Lob dem Vokalkreis Hameln, der seine Grenzen ausgelotet hat beim kompositionsbegleitenden Einstudieren und einer mutigen Aufführung, in der er sich stimmlich auf der Höhe zeigte, sprachlich und rhythmisch zuverlässig und geschlossen.
Der anhaltende Beifall dankte auch den Instrumentalisten für ihre oft ungewohnt lautmalerische Tätigkeit sowie der Soliste für engagierte Feinfühligkeit: ein Werk, das man mehrfach hören sollte.
Jürgen Harms, Deister- und Weserzeitung, 3. März 1997
Manfred Arendts Warnung, es gelte Unbequemes und Mühsames auf diesem Weg aus Volksliedern, Chorälen und moderner Tonsprache in Musik und Sprechgesang auszuhalten, stellte sich am Ende als freundliche Übertreibung heraus. Das 70minütige Werk trägt durchweg meditativen Charakter, verzichtet weitgehend auf dramatische Effekte.
Zwei Linien kennzeichnen "das Kreuz": ein lothringisches Volkslied, das mit in einem Gespräch zwischen Maria und Jesus die Tage der Karwoche als Stationen auf dem Leidenweg Jesu bis hin zur Auferstehung (!) beschreibt. Jörn Arnecke läßt diesem Chorlied seinen naiven Charakter, variiert die Strophen nur geringfügig und gibt ihm so einen Wiedererkennungswert — die horizontale Linie des Kreuzes?
Die zweite (senkrechte?) Linie reißt den Hörer immer wieder aus der Betrachtungsebene, stößt in die Tiefe der Gegenwartsprobleme, führt aber am Ende in die Höhe der Hoffnung: Meditationstexte von Manfred Arendt, von Franka Kraneis engagiert in klarer, hoher Lage, zum Teil durch Sprechgesang, Zischlaute und Silbenreihungen vorgetragen, mit abstürzenden Glissandi eindrücklich die Bewegung vertiefend.
So vielschichtig wie das über allem schwebende Kreuz von Friedrich Heißmeyer tauchen weitere Richtungslinien auf: Choräle, auf weichem Bogen gesungen, deren wohltuende Harmonik durch schabende Mißtöne oder dissonant-stolpernde Begleitung gestört wird.
Drei Zäsuren sind Hinweis auf die Richtungen der Abschnitte: Abwärts, Vorwärts-rückwärts und Aufwärts sind die Flötensoli benannt, die Ruhepausen schaffen zwischen den übergangslos sich aneinanderfügenden Elementen. Überwiegend ruhig, mit Stakkatoeinschüben, überblasenen und angesummten Tönen bündelte Sabine Kaufmann (Querflöte) die Bilderflut, die sich vorm Hörer auftut. Ungewöhnlich für eine Passion, aber notwenidig für die vertikale Kreuzlinie: die Auferstehung, die Bewegung nach oben. Befreiung, Hoffnung klang aus der jazzigen Harmonik des "Christ ist erstanden".
Das Saxophon (Thorsten Domeyer) erhob trotzig seine Stimme gegen die düsteren Visionen, riß Chor und Vokalstimme zu freudigem Glanz. Aus dem Ineinander von "Halleluja" und "Kyrie eleison" erwuchs dann noch einmal die Klage, die aufgenommen wurde in dem endlosen, immer mehr auf die menschliche Stimme reduzierten "Herr, erbarme dich", dessen Silben immenr leiser werdend im Raum verhallten.
Die Musiker und die Solistin, vor allem aber der Chor hatten mit diesem Werk eine schwierige Aufgabe übernommen. Wach und präzise folgten sie dem wuchtigen Dirigat, setzten Vokalstimmen instrumental (und umgekehrt) ein, mußten Dissonanzen, auseinanderlaufende Rhythmik und Tempi aushalten, vielstimmigen Chor auf wenigen Silben und Verflechtungen von Lied- und Fugatoteilen. Trotz kleiner Irritationen gelang allen eine überzeugende Darbietung.
Ein großes Lob dem Vokalkreis Hameln, der seine Grenzen ausgelotet hat beim kompositionsbegleitenden Einstudieren und einer mutigen Aufführung, in der er sich stimmlich auf der Höhe zeigte, sprachlich und rhythmisch zuverlässig und geschlossen.
Der anhaltende Beifall dankte auch den Instrumentalisten für ihre oft ungewohnt lautmalerische Tätigkeit sowie der Soliste für engagierte Feinfühligkeit: ein Werk, das man mehrfach hören sollte.
Jürgen Harms, Deister- und Weserzeitung, 3. März 1997