Klang-Karussell (1999)
Uraufführung (UA): Trostberg, Aula des Hertzhaimer-Gymnasiums, 12. Juni 1999
Kammerorchester Regensburg, Ltg.: Graham Buckland
Besetzung: Streichorchester (5 - 4 - 3 - 2 - 1)
Dauer: 16 Minuten
Kammerorchester Regensburg, Ltg.: Graham Buckland
Besetzung: Streichorchester (5 - 4 - 3 - 2 - 1)
Dauer: 16 Minuten
Einführung
Die Musik dreht sich wie ein Karussell - immer um sich selbst. Das musikalische Spiel entsteht durch die Überlagerung von zwei verschieden schnellen Wellen. Wie bei zwei Kirchenglocken, die nicht in demselben Tempo schlagen, ergibt sich im Wechselspiel ein Rhythmus - wenn man jedoch auf jede der beiden Glocken einzeln achtet, nimmt man einen gleichmäßigen Puls wahr. Genau diese beiden Möglichkeiten erprobt der erste Satz: Mal wird der Rhythmus in einer Stimme durchgeführt, ein anderes Mal ergibt er sich aus den Wellen von zwei verschiedenen Instrumentengruppen. Die gleiche Erscheinung wird also aus zwei Positionen beleuchtet, ein musikalisches Doppelspiel. Im zweiten Satz werden kurze Motive wie in einer Wellenform durch das gesamte Orchester geschickt und kreuzen sich. Der dritte vollzieht ein weiteres Doppelspiel: Er baut eine sehr langsame Klangfolge auf, unterbrochen von heftigen Einwürfen. Am Schluß zeigt sich, daß die Klangreihe als Obertonfolge aus dem rhythmischen Einwurf hervorgegangen ist. Drei Sätze, drei Dimensionen: Der erste beachtete die lineare Entwicklung, der zweite die Fläche, indem dasselbe Motiv das ganze Orchester durchwanderte, der dritte den Raum, indem er Klänge entstehen ließ. Der vierte nun nimmt sich die vierte Dimension vor, die Zeit. Die klaren, gleichmäßigen rhythmischen Verläufe werden durch eine "Zeitkurve" verändert, zur Mitte des Satzes hin verdichtet, zum Ende hin wieder beruhigt. Das Karussell wird langsamer - und bleibt schließlich mit einem letzten kleinen Ruck stehen.
Jörn Arnecke, 1999
Jörn Arnecke, 1999
Rezensionen
Ganz neue Akzente im Musiksommer
Kammerorchester Regensburg spielte in der Aula des Hertzhaimer-Gymnasiums: Von Alltag war nichts zu spüren
Kammerorchester Regensburg spielte in der Aula des Hertzhaimer-Gymnasiums: Von Alltag war nichts zu spüren
(…) Ein für Musiksommer-Konsumenten ungewohntes Konzert-Finale war die Uraufführung von Jörn Arneckes "Klang-Karussell" für Streicher. Der junge Komponist bereitete mit launigen Worten die bis dahin mit konventioneller Musik des 18. Jahrhunderts verwöhnten Zuhörer auf ein Kontrasterlebnis vor. Schon nach den ersten Klängen war klar: Jörn Arnecke will nicht schocken um des Schockens willen. Er spricht von Herzen und hat seinen Zeitgenossen etwas zu sagen. Seine Bedachtsamkeit ist genauso aufregend wie seine Fähigkeit aufzurütteln. Trotz aller Progressivität ist er nicht losgelöst von traditionellen Elementen. Mit raffinierten Klangeffekten baut Arnecke innere Zusammenhänge auf und wieder ab. Mit hoher Musikalität lässt er sein mechanisch-maschinelles Karussell-Treiben rhythmisch immer wieder in Passagen von überraschender Zartheit übergehen. Das bringen auch seine Satzbezeichnungen wie "Ruhend", "Heftig markiert", "Wieder hervorbrechend", "Wie in Zeitlupe" oder "Mit aufgestauter Kraft" andeutungsweise zum Ausdruck. Das Kammerorchester Regensburg war ihm ein guter Sachverwalter. Dieser Jörn Arnecke wird seinen Weg machen und seine Musik ihren auch. Gemessen am freundlichen Beifall schien das Trostberger Publikum gleicher Meinung gewesen zu sein. (…)
Trostberger Nachrichten, 15. Juni 1999
Trostberger Nachrichten, 15. Juni 1999
Auf Anhieb höchstes musikalisches Niveau erreicht
Erstes "Festival Kallmünz" überzeugte durch das anspruchsvolle Programm
Erstes "Festival Kallmünz" überzeugte durch das anspruchsvolle Programm
(…) Zurück zu Peter Michael Hamel, der (…) dem Abschlusskonzert einen doppelten Stempel aufdrückte: zum einen mit seiner Komposition "The Arrow of Time", einem rückhaltlos in die Räumlichkeit des Klangs abgeschickten Zeitpfeil, zum anderen in Person seines Schülers Jörn Arnecke, der mit dem Regensburger Kammerorchester zwei eigene Stücke einstudiert hatte.
Sein "Klang-Karussell" zeigt sich in der kreisenden, die Dimensionen Linie, Fläche, Raum und Zeit sensibel und ausdrucksklar auslotenden Bewegung von Hamel beeinflusst, aber nie abhängig. (…)
Dieses erste Kallmünzer Festival hat die konzeptionell-inhaltlichen Anforderungen auf höchstem musikalischen Niveau gemeistert.
Juan Martin Koch, Mittelbayerische Zeitung, 24. April 2001
ebenfalls abgedruckt in: Neue Musikzeitung, Mai 2001
Sein "Klang-Karussell" zeigt sich in der kreisenden, die Dimensionen Linie, Fläche, Raum und Zeit sensibel und ausdrucksklar auslotenden Bewegung von Hamel beeinflusst, aber nie abhängig. (…)
Dieses erste Kallmünzer Festival hat die konzeptionell-inhaltlichen Anforderungen auf höchstem musikalischen Niveau gemeistert.
Juan Martin Koch, Mittelbayerische Zeitung, 24. April 2001
ebenfalls abgedruckt in: Neue Musikzeitung, Mai 2001