Alea / Talea - Klaviertrio Nr. 1 (2005/06)
Uraufführung (UA): Hamburg-Harburg, Friedrich-Ebert-Halle, 19. April 2006
Talea Trio: Florian Wiek (Klavier), Brigitte Krömmelbein (Violine), Laura Wiek (Violoncello)
Auftragswerk der Musikgemeinde Harburg zu ihrem 75-jährigen Bestehen
Dauer: ca. 18 Minuten
Das Werk ist bei den Internationalen Musikverlagen Hans Sikorski verlegt.
Talea Trio: Florian Wiek (Klavier), Brigitte Krömmelbein (Violine), Laura Wiek (Violoncello)
Auftragswerk der Musikgemeinde Harburg zu ihrem 75-jährigen Bestehen
Dauer: ca. 18 Minuten
Das Werk ist bei den Internationalen Musikverlagen Hans Sikorski verlegt.
Einführung
Das Auftragswerk zum 75-jährigen Bestehen der Musikgemeinde Harburg wurde für das Talea Trio mit Florian Wiek (Klavier), Brigitte Krömmelbein (Violine) und Laura Wiek (Violoncello) komponiert. Von vornherein wurde das gesamte Programm als Jubiläumsfolge konzipiert: Joseph Haydn sollte als Ausgangspunkt der Sinfonik und wichtiger Kammermusik-Gattungen an den Anfang gestellt werden, Johannes Brahms als Hamburger Komponist an den Schluss. Es ehrt mich sehr, dass ich als Hamburger Komponist der jüngeren Generation dazu ausersehen wurde, mit einem neuen Klaviertrio den Festbeitrag zu liefern – und das, obwohl ich noch längst nicht geboren war, als die Musikgemeinde gegründet wurde.
75 Jahre bieten ergiebigen Anlass für Zahlenspiele, mit denen sich direkte Verbindungen zum Klaviertrio ziehen lassen: Die Quersumme von 75 ist 12 (eins und zwei, einer mit zweien, einer gegen zwei?), die Quersumme von 12 wiederum lautet 3 – für das Trio. Der erste Teil des Trios ist mit "Alea" überschrieben: "Alea" bedeutet Würfel, "Aleatorik" war eine kompositorische Mode, die in den 50-er Jahren aufkam und bei der die Reihenfolge von Stücken oder Teilen frei wählbar, quasi zufällig, erfolgte. Und wieder ergeben sich Zahlenspiele: Denn sechs kurze, atmosphärisch sehr unterschiedliche Teile (gewissermaßen für jede Würfelseite eine) werden zu Beginn des Stückes von den drei Spielern gemeinsam vorgestellt, daraufhin gewinnen die Spieler an Freiheit, wählen unabhängig voneinander Teile aus, diese folgen, wild kombiniert, immer schneller aufeinander.
"Talea", Überschrift des zweiten Satzes, bezeichnet eine Technik, die in Motettenkompositionen des 14. und 15. Jahrhunderts angewendet wurde – ein rhythmisches Gliederungsmodell, das in immer neuen Tonkonstellationen auftritt. Und natürlich birgt auch dieses Prinzip Raum für Zahlenspekulationen: Denn wie oft tritt das rhythmische Modell auf? Nicht zum Mitzählen soll dies animieren, aber doch Neugierde wecken für die Konstruktionsebene des Teiles, in der das Jubiläum der Musikgemeinde durchscheint. Zugleich ist "Talea" ein Gruß an das Talea Trio, das die Uraufführung in Harburg gestalten wird.
Und in den Begriffen "Alea" und "Talea" sind kompositorische Gegenwart und Vergangenheit vereint, ein zeitübergreifendes Gratulantenpaar – in der Hoffnung, dass der Musikgemeinde eine reichhaltige, lebendige Zukunft bevorstehen möge!
Jörn Arnecke, 2006
75 Jahre bieten ergiebigen Anlass für Zahlenspiele, mit denen sich direkte Verbindungen zum Klaviertrio ziehen lassen: Die Quersumme von 75 ist 12 (eins und zwei, einer mit zweien, einer gegen zwei?), die Quersumme von 12 wiederum lautet 3 – für das Trio. Der erste Teil des Trios ist mit "Alea" überschrieben: "Alea" bedeutet Würfel, "Aleatorik" war eine kompositorische Mode, die in den 50-er Jahren aufkam und bei der die Reihenfolge von Stücken oder Teilen frei wählbar, quasi zufällig, erfolgte. Und wieder ergeben sich Zahlenspiele: Denn sechs kurze, atmosphärisch sehr unterschiedliche Teile (gewissermaßen für jede Würfelseite eine) werden zu Beginn des Stückes von den drei Spielern gemeinsam vorgestellt, daraufhin gewinnen die Spieler an Freiheit, wählen unabhängig voneinander Teile aus, diese folgen, wild kombiniert, immer schneller aufeinander.
"Talea", Überschrift des zweiten Satzes, bezeichnet eine Technik, die in Motettenkompositionen des 14. und 15. Jahrhunderts angewendet wurde – ein rhythmisches Gliederungsmodell, das in immer neuen Tonkonstellationen auftritt. Und natürlich birgt auch dieses Prinzip Raum für Zahlenspekulationen: Denn wie oft tritt das rhythmische Modell auf? Nicht zum Mitzählen soll dies animieren, aber doch Neugierde wecken für die Konstruktionsebene des Teiles, in der das Jubiläum der Musikgemeinde durchscheint. Zugleich ist "Talea" ein Gruß an das Talea Trio, das die Uraufführung in Harburg gestalten wird.
Und in den Begriffen "Alea" und "Talea" sind kompositorische Gegenwart und Vergangenheit vereint, ein zeitübergreifendes Gratulantenpaar – in der Hoffnung, dass der Musikgemeinde eine reichhaltige, lebendige Zukunft bevorstehen möge!
Jörn Arnecke, 2006
Rezensionen
Neues Werk fand reichen Beifall
Harburg: Jubiläum der Musikgemeinde
Harburg: Jubiläum der Musikgemeinde
Siegfried Bonhagen, der Geschäftsführer der Musikgemeinde, leitete am Dienstag launig in den Abend ein, denn es galt, noch einmal des Jubiläums zu gedenken. Eine Auftragskomposition zum 75. Bestehen der Musikgemeinde: Ein Klaviertrio wurde uraufgeführt. Es spielte das Talea Trio mit Brigitte Krömmelbein, Laura Wiek und Florian Wiek.
Zunächst aber hörte man von Haydn aus seiner Londoner Zeit ein reifes C-Dur. Es klang oft mozartisch, begann mit perlender Melodik, fand im Mittelsatz zu erzählender, liedhafter Melodik, oft in Moll, dabei aber nicht resignativ, sondern energisch. Geistreich und witzig dann der Schlußsatz.
Das Hauptstück des Abends also die Auftragskomposition: vom jungen Hamburger Komponisten Jörn Arnecke. Sein Klaviertrio Nr. 1 Alea/Talea besteht aus zwei Sätzen. Deren erster, "Alea", "Würfel", betitelt, stellte sechs kurze Themenblöcke vor, die unterschiedlichen Charakters waren, staccatohaft, gesanglich, dabei auch das Flageolett einsetzten; diese Themenblöcke wurden aleatorisch, also zufällig miteinander verbunden. "Talea", der zweite Satz, bezog sich auf das Rhythmus-Grundmodell von spätgotischer Kirchenmusik, und so war dieser Satz wegen seines Themas deutlich faßlicher, melodischer, dabei elegischer und dramatischer.
Von Brahms dann nach der Pause das C-Dur-Klaviertrio op. 87. Vier Sätze hat das Werk, und der erste tönt gleich zu Beginn so, als ging er schon eine ganze Weile; auffallend die häufige Unisono-Führung der Streicher. Dies tritt auch im zweiten Satz auf; man hört hier durch die Synkopierung einen ungarischen Einschlag. Geheimnisvoll, fast huschend beginnt der dritte Satz, und dunkel, wie schon der erste, ist auch der vierte. Reicher Beifall des Publikums, das offenbar auch vom neuen Werk angetan war, namentlich vom zweiten Satz.
pal, Hamburger Abendblatt (Ausgabe Harburg), 21. April 2006
Zunächst aber hörte man von Haydn aus seiner Londoner Zeit ein reifes C-Dur. Es klang oft mozartisch, begann mit perlender Melodik, fand im Mittelsatz zu erzählender, liedhafter Melodik, oft in Moll, dabei aber nicht resignativ, sondern energisch. Geistreich und witzig dann der Schlußsatz.
Das Hauptstück des Abends also die Auftragskomposition: vom jungen Hamburger Komponisten Jörn Arnecke. Sein Klaviertrio Nr. 1 Alea/Talea besteht aus zwei Sätzen. Deren erster, "Alea", "Würfel", betitelt, stellte sechs kurze Themenblöcke vor, die unterschiedlichen Charakters waren, staccatohaft, gesanglich, dabei auch das Flageolett einsetzten; diese Themenblöcke wurden aleatorisch, also zufällig miteinander verbunden. "Talea", der zweite Satz, bezog sich auf das Rhythmus-Grundmodell von spätgotischer Kirchenmusik, und so war dieser Satz wegen seines Themas deutlich faßlicher, melodischer, dabei elegischer und dramatischer.
Von Brahms dann nach der Pause das C-Dur-Klaviertrio op. 87. Vier Sätze hat das Werk, und der erste tönt gleich zu Beginn so, als ging er schon eine ganze Weile; auffallend die häufige Unisono-Führung der Streicher. Dies tritt auch im zweiten Satz auf; man hört hier durch die Synkopierung einen ungarischen Einschlag. Geheimnisvoll, fast huschend beginnt der dritte Satz, und dunkel, wie schon der erste, ist auch der vierte. Reicher Beifall des Publikums, das offenbar auch vom neuen Werk angetan war, namentlich vom zweiten Satz.
pal, Hamburger Abendblatt (Ausgabe Harburg), 21. April 2006
Mittelalter und Moderne
Musikgemeinde: Umjubelte Uraufführung eines Trios
Musikgemeinde: Umjubelte Uraufführung eines Trios
Was passt besser zum festlichen Rahmen einer Jubiläumssaison als eine Uraufführung? Anlässlich des 75-jährigen Bestehens der Musikgemeinde Harburg hatte Geschäftsführer Siegfried Bonhagen vor zwei Jahren dem in Hamburg lebenden Komponisten Jörn Arnecke, einem gebürtigen Hamelner, den Auftrag für ein Werk erteilt - die Idee kam von einer namentlich nicht bekannten Konzertbesucherin, was Bonhagen in seiner kurzen Begrüßungsansprache mit Bedauern bemerkte.
Schnell waren sich Arnecke und Bonhagen einig gewesen, dass ein neu komponiertes Klaviertrio sehr gut zum besonderen Ereignis passen würde - eingerahmt von zwei Trios von Joseph Haydn und Johannes Brahms. So wurde jetzt in der Heimfelder Friedrich-Ebert-Halle beim Kammerkonzert der Musikgemeinde Harburg Arneckes 1. Klaviertrio "Alea/Talea" feierlich uraufgeführt, interpretiert vom jungen Talea Trio. In seiner klugen Einführung verwies der Komponist auf die 1000-jährige Musikgeschichte, die er in seinem Stück akustisch greifbar machen wollte. So verbindet sich im zweisätzigen Werk eine besondere Technik der Ars-Nova-Motette des 14. Jahrhunderts mit modernen Zufallsprinzipien à la Cage und Stockhausen.
Im ersten Satz "Alea" (Würfel) werden sechs kurze musikalische Floskeln rhythmischer und harmonischer Natur zunächst von allen drei Spielern vorgestellt und dann in immer neuen Konstellationen durcheinandergewürfelt, so dass ein kontrolliertes Chaos entsteht. Der zweite Satz "Talea" fasziniert durch das nur scheinbar endlose Wiederholen einer melodischen Figur, die minimal variiert wird und durch die Stimmen wandert. Das Talea Trio - Brigitte Krömmelbein (Violine), Laura Wiek (Violoncello) und Florian Wiek (Klavier) - hatte das Stück gemeinsam mit dem Komponisten einstudiert und lieferte in Heimfeld eine hoch konzentrierte Leistung ab. Viel Beifall für Arnecke und das Talea Trio.
Die Deutung des C-Dur-Trios Hob. XV:27 von Haydn begeisterte durch Frische und Spritzigkeit - hier war vor allem der Pianist Florian Wiek gefordert, der mit unglaublich variablem Anschlag den Charme des Werkes herausschälte. In Brahms‘ C-Dur-Trio Opus 87 fand das Ensemble genau die richtige Mischung aus romantischem Überschwang und intellektueller Analyse. Nach diesem grandiosen Brahms gabs noch Haydns "Rondo all ongarese" als umjubelte Zugabe.
Jan-Barra Hentschel, Harburger Anzeigen und Nachrichten, 21. April 2005
Schnell waren sich Arnecke und Bonhagen einig gewesen, dass ein neu komponiertes Klaviertrio sehr gut zum besonderen Ereignis passen würde - eingerahmt von zwei Trios von Joseph Haydn und Johannes Brahms. So wurde jetzt in der Heimfelder Friedrich-Ebert-Halle beim Kammerkonzert der Musikgemeinde Harburg Arneckes 1. Klaviertrio "Alea/Talea" feierlich uraufgeführt, interpretiert vom jungen Talea Trio. In seiner klugen Einführung verwies der Komponist auf die 1000-jährige Musikgeschichte, die er in seinem Stück akustisch greifbar machen wollte. So verbindet sich im zweisätzigen Werk eine besondere Technik der Ars-Nova-Motette des 14. Jahrhunderts mit modernen Zufallsprinzipien à la Cage und Stockhausen.
Im ersten Satz "Alea" (Würfel) werden sechs kurze musikalische Floskeln rhythmischer und harmonischer Natur zunächst von allen drei Spielern vorgestellt und dann in immer neuen Konstellationen durcheinandergewürfelt, so dass ein kontrolliertes Chaos entsteht. Der zweite Satz "Talea" fasziniert durch das nur scheinbar endlose Wiederholen einer melodischen Figur, die minimal variiert wird und durch die Stimmen wandert. Das Talea Trio - Brigitte Krömmelbein (Violine), Laura Wiek (Violoncello) und Florian Wiek (Klavier) - hatte das Stück gemeinsam mit dem Komponisten einstudiert und lieferte in Heimfeld eine hoch konzentrierte Leistung ab. Viel Beifall für Arnecke und das Talea Trio.
Die Deutung des C-Dur-Trios Hob. XV:27 von Haydn begeisterte durch Frische und Spritzigkeit - hier war vor allem der Pianist Florian Wiek gefordert, der mit unglaublich variablem Anschlag den Charme des Werkes herausschälte. In Brahms‘ C-Dur-Trio Opus 87 fand das Ensemble genau die richtige Mischung aus romantischem Überschwang und intellektueller Analyse. Nach diesem grandiosen Brahms gabs noch Haydns "Rondo all ongarese" als umjubelte Zugabe.
Jan-Barra Hentschel, Harburger Anzeigen und Nachrichten, 21. April 2005