Komponist für Heidelberg
Jörn Arnecke schrieb ein Orchesterstück für die Philharmoniker - Uraufführung heute Abend in der Stadthalle
Die Bläser sitzen zur Abwechslung in der ersten Reihe - bei der Uraufführung von Jörn Arneckes Orchesterstück "Gezeiten", das heute Abend in der Heidelberger Stadthalle uraufgeführt wird. Das Werk, eine Auftragsarbeit für das Philharmonische Orchester Heidelberg, wurde von dem 1973 in Hameln geborenen Komponisten speziell für das Eröffnungskonzert dieser ersten Heidelberger Spielzeit unter GMD Cornelius Meister geschrieben und übernimmt die große Orchesterbesetzung von Richard Strauss‘ Tondichtung "Don Juan", erzählte uns Arnecke gestern kurz vor der Generalprobe. Und doch hat das Werk sonst wenig mit Strauss gemeinsam: Der Titel schon lenkt den Blick vielmehr auf Phänomene wie Ebbe und Flut, die naturgegebene Zeitlichkeit aller Dinge und die Umbrüche im Fluss der Geschichte.
Um keine Verwechslungen aufkommen zu lassen oder Parallelen aufzudrängen, setzte Arnecke das Orchester um. Alle Bläser nach vorn, alle Streicher nach hinten. So sitzen die dicken, großen Blechinstrumente da, wo sonst die Saiten-Filigranarbeiter sitzen, und nur die Holzbläser sowie die Schlagzeuger haben ungefähr ihre gewohnte Position. Arnecke erreicht so eine Umschichtung des Klangs, wobei es die Aufgabe des Dirigenten ist, dynamische Überdeckungen zu verhindern. Die optische und akustische Neuordnung ist fast bildhaft zu interpretieren und wird demjenigen einleuchten, der sich vorstellt, am Strand sitzend dem Meer zuzuhören und zuzuschauen: vorn die im regelmäßigen Abstand donnernden Wellen, hinten die flimmernden und flirrenden kleinen Bewegungen, die nichtsdestoweniger für das Küstengetöse verantwortlich sind.
Jörn Arnecke, der in Hamburg (bei Volkhardt Preuß und Peter Michael Hamel) sowie in Paris (bei dem in Deutschland noch der Entdeckung harrenden Gérard Grisey) studierte, verbuchte seine ersten Erfolge als Komponist in der Hansestadt als Preisträger beim Kompositionswettbewerb 1997, mit dem Auftrag für ein abendfüllendes Musiktheaterwerk der Hamburgischen Staatsoper 2001 und dem Hamburger Bach-Preis-Stipendium 2003. Nun ist er "Komponist für Heidelberg" und man wird im Familienkonzert am 5. März sowie im Mai nächsten Jahres noch mehr von ihm zu hören bekommen. Bekannt geworden ist Arnecke u.a. mit der Uraufführung von "Das Fest im Meer" (Hamburg 2003), seiner ersten großen Oper, die Cornelius Meister musikalisch betreute und leitete. Daher kennen sich die beiden auch, die nun in Heidelberg das Früchte tragende Gewächs ihrer damaligen Zusammenarbeit weiter pflegen wollen.
Es war für Arnecke die erste Gelegenheit, für einen derart großen, ca. 90 Musikerinnen und Musiker umfassenden Apparat zu schreiben. Recht umfangreiche Anforderungen stellen auch seine Orchesterwerke "Folie" (2000) und "Frage" (1997/98), aber "Gezeiten" war für ihn doch eine Herausforderung. Zirka ein Jahr beschäftigte sich Jörn Arnecke mit dieser Arbeit, freilich nicht ohne andere Verpflichtungen deshalb zu ignorieren. Das kompositorische Material entwickelte er ausgehend von Naturtonreihen. Er möchte vor allem "ein aufregendes Musikerlebnis" vermitteln, betont der Komponist.
Die Uraufführung des gut 15-minütigen Werkes findet heute Abend im Rahmen des Sinfoniekonzerts des Philharmonischen Orchesters Heidelberg unter der Leitung von Cornelius Meister in der Stadthalle statt. Außerdem zu hören sind Carl Maria von Webers "Freischütz"-Ouvertüre, Schuberts dritte Sinfonie und die Tondichtung "Don Juan" op. 20 von Richard Strauss. Dem Konzert um 20 Uhr geht die Gründung des "Freundeskreises" um 18 Uhr und eine Einführungsveranstaltung um 19.15 Uhr mit dem Komponisten Jörn Arnecke im Kammermusiksaal voraus.
Matthias Roth, Rhein-Neckar-Zeitung, 19. Oktober 2005
Die Bläser sitzen zur Abwechslung in der ersten Reihe - bei der Uraufführung von Jörn Arneckes Orchesterstück "Gezeiten", das heute Abend in der Heidelberger Stadthalle uraufgeführt wird. Das Werk, eine Auftragsarbeit für das Philharmonische Orchester Heidelberg, wurde von dem 1973 in Hameln geborenen Komponisten speziell für das Eröffnungskonzert dieser ersten Heidelberger Spielzeit unter GMD Cornelius Meister geschrieben und übernimmt die große Orchesterbesetzung von Richard Strauss‘ Tondichtung "Don Juan", erzählte uns Arnecke gestern kurz vor der Generalprobe. Und doch hat das Werk sonst wenig mit Strauss gemeinsam: Der Titel schon lenkt den Blick vielmehr auf Phänomene wie Ebbe und Flut, die naturgegebene Zeitlichkeit aller Dinge und die Umbrüche im Fluss der Geschichte.
Um keine Verwechslungen aufkommen zu lassen oder Parallelen aufzudrängen, setzte Arnecke das Orchester um. Alle Bläser nach vorn, alle Streicher nach hinten. So sitzen die dicken, großen Blechinstrumente da, wo sonst die Saiten-Filigranarbeiter sitzen, und nur die Holzbläser sowie die Schlagzeuger haben ungefähr ihre gewohnte Position. Arnecke erreicht so eine Umschichtung des Klangs, wobei es die Aufgabe des Dirigenten ist, dynamische Überdeckungen zu verhindern. Die optische und akustische Neuordnung ist fast bildhaft zu interpretieren und wird demjenigen einleuchten, der sich vorstellt, am Strand sitzend dem Meer zuzuhören und zuzuschauen: vorn die im regelmäßigen Abstand donnernden Wellen, hinten die flimmernden und flirrenden kleinen Bewegungen, die nichtsdestoweniger für das Küstengetöse verantwortlich sind.
Jörn Arnecke, der in Hamburg (bei Volkhardt Preuß und Peter Michael Hamel) sowie in Paris (bei dem in Deutschland noch der Entdeckung harrenden Gérard Grisey) studierte, verbuchte seine ersten Erfolge als Komponist in der Hansestadt als Preisträger beim Kompositionswettbewerb 1997, mit dem Auftrag für ein abendfüllendes Musiktheaterwerk der Hamburgischen Staatsoper 2001 und dem Hamburger Bach-Preis-Stipendium 2003. Nun ist er "Komponist für Heidelberg" und man wird im Familienkonzert am 5. März sowie im Mai nächsten Jahres noch mehr von ihm zu hören bekommen. Bekannt geworden ist Arnecke u.a. mit der Uraufführung von "Das Fest im Meer" (Hamburg 2003), seiner ersten großen Oper, die Cornelius Meister musikalisch betreute und leitete. Daher kennen sich die beiden auch, die nun in Heidelberg das Früchte tragende Gewächs ihrer damaligen Zusammenarbeit weiter pflegen wollen.
Es war für Arnecke die erste Gelegenheit, für einen derart großen, ca. 90 Musikerinnen und Musiker umfassenden Apparat zu schreiben. Recht umfangreiche Anforderungen stellen auch seine Orchesterwerke "Folie" (2000) und "Frage" (1997/98), aber "Gezeiten" war für ihn doch eine Herausforderung. Zirka ein Jahr beschäftigte sich Jörn Arnecke mit dieser Arbeit, freilich nicht ohne andere Verpflichtungen deshalb zu ignorieren. Das kompositorische Material entwickelte er ausgehend von Naturtonreihen. Er möchte vor allem "ein aufregendes Musikerlebnis" vermitteln, betont der Komponist.
Die Uraufführung des gut 15-minütigen Werkes findet heute Abend im Rahmen des Sinfoniekonzerts des Philharmonischen Orchesters Heidelberg unter der Leitung von Cornelius Meister in der Stadthalle statt. Außerdem zu hören sind Carl Maria von Webers "Freischütz"-Ouvertüre, Schuberts dritte Sinfonie und die Tondichtung "Don Juan" op. 20 von Richard Strauss. Dem Konzert um 20 Uhr geht die Gründung des "Freundeskreises" um 18 Uhr und eine Einführungsveranstaltung um 19.15 Uhr mit dem Komponisten Jörn Arnecke im Kammermusiksaal voraus.
Matthias Roth, Rhein-Neckar-Zeitung, 19. Oktober 2005