Kurzopern-Werkstatt der Hamburgischen Staatsoper mit vier Uraufführungen am Wochenende in der Stabile
Komponieren ist harte Arbeit
Zusammen mit Stephan Marc Schneider, Kun-Hee Youk und Burkhard Friedrich bildet der Hamburger Jörn Arnecke das Quartett vierer junger Komponisten, die am Freitag in der Opera stabile in der ersten Komponisten-Werkstatt der Hamburgischen Staatsoper Auszüge aus bisher unveröffentlichten eigenen Werken aufführen. Mit diesem Kammeropern-Projekt, gemeinsam von der Staatsoper und der Hamburger Musikhochschule entwickelt, sollen die vier Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Sängern, Regisseuren und Musikern sammeln.
Für Arnecke fügt sich der Abend in ein erfolgreiches Jahr (siehe nebenstehenden Bildtext). Der junge Mann hat sich mit seltener Konsequenz seinem Beruf verschrieben: Er kam nicht wie die meisten seiner Kollegen von einem Instrument zum Komponieren, er war auch nicht durch ein besonders musikalisches Elternhaus geprägt - der Vater ist Ingenieur, die Mutter singt im [Laien]chor -, für ihn stand stets das Ziel fest: Komponieren.
In der Hochschule schrieb er sich in die Klavierklasse ein, weil Klavier Pflichtfach war. Und widerlegte das Klischee, demzufolge Komponisten weltfremde Wesen sind: Er belegte auch Musik-Theorie. "Damit erwarb ich die Lehrbefähigung als wenigstens eine Möglichkeit, mich irgendwie abzusichern", sagt er, "es gibt eben nicht viele Gelegenheiten, für Geld zu schreiben." So kennen ihn Abendblatt-Leser als Kritiker und Mitarbeiter von Hamburg-LIVE und den Musik-Beilagen.
Eine wichtige Gelegenheit ergab sich im letzten Sommer, als er Mozarts "Figaro" in Bayreuth für Kleinstbesetzung umschrieb. Da macht Not erfinderisch, wenn beispielsweise der Klang von zwei Hörnern erzielt werden muss, wenn man nur eines zur Verfügung hat: "Mit Fagott unterlegt, hat kaum jemand den Trick bemerkt." Eine bemerkte ihn doch: Die [Dirigentin] eines großen Opernhauses war so beeindruckt, dass ein Auftrag die Folge war. Der glückliche Tüchtige kennt den Alltag zur Genüge: In München bewarben sich 86 Konkurrenten um einen Auftrag der Bayerischen Staatsoper für eine Kurzoper zum Thema "Odyssee". Sechs wurden genommen, darunter Arneckes Entwurf. Wenn eine bei der Uraufführung Größeres verheißt, könnte daraus ein abendfüllendes Werk werden.
Die Wettbewerbe, das Work-in-Progress, sind für den jungen Komponisten eine immens wichtige Erfahrung: "Es ist ein Unterschied, ob man nur zur Generalprobe kommt oder ein Stück wachsen sieht. In seiner eigenen Klangvorstellung isoliert zu leben, ist nicht das Ding, man muss sich auch reiben an dem, was andere machen. Dann hat man unbewusst auch sehr viel mehr vom Orchesterklang."
Für den Schaffensprozess braucht Arnecke die Stille. Zwar schreibt er noch mit Bleistift und Notenpartitur, doch für die Endfassung benutzt er ein Computerprogramm mit dem bezeichnenden Namen "Finale". Damit schreibt er die Partituren bis in alle einzelnen Stimmen. "Das ist besser lesbar und nicht so fehleranfällig wie Kopisten. Ich habe einen erlebt, der konnte eine ganze Note nicht von einer halben unterscheiden."
Und er muss sich disziplinieren. Arnecke: "Das Klischee, dass einer nur seinen eigenen Vorstellungen nachhängen kann und nur ab und zu eine Idee zu Papier bringt, das gibt es nicht. Komponieren ist harte Arbeit, zu der man sich mitunter zwingen muss."
Für ihn ist es wichtig, ganz abzuschalten. "Dann darf auch das Telefon nicht klingeln", sagt Arnecke, "und alle Dinge müssen so erledigt sein, dass man eine Woche lang nichts nebenher zu tun braucht." In seinem Ideal folgt er seinem Lehrer: "Man muss den Mut haben, auch Aufträge abzulehnen. Es nutzt nichts, wenn man schlechte Sachen abliefern muss, man sollte nur wenige gute machen."
sö, Hamburger Abendblatt, 7. März 2001
Bildtext:
Jörn Arnecke, geb. 1973 in Hameln, studierte Komposition und Musiktheorie bei Peter Michael Hamel an der Hamburger Musikhochschule. Er war Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes, verbrachte ein Jahr an Gérard Griseys Meisterklasse am Pariser Conservatoire und wurde mehrfach ausgezeichnet (u.a. Preisträger des Kompositionswettbewerbs der Hamburger Jugendmusikschule zum Brahms-Jahr 1997, 1. Preis beim Wettbewerb des Deutschen Tonkünstlerverbandes 1998) Im vorigen Jahr kamen Auftragswerke der Münchner Biennale ("Ariadne"), der Expo Hannover ("Erstarrung") und des Festivals junger Künstler in Bayreuth ("Folie") hinzu. Am 9., 10. und 11. März folgt an der Opera stabile in Hamburg die Musiktheater-Szene "Wir spielen Frieden" zu Erich Frieds Gedicht, dann wird im Juni im Münchner Cuvilliés-Theater sein "Wieder sehen" aufgeführt, ein Kurzopern-Auftrag der Bayerischen Staatsoper, der bei den Münchner und Zürcher Opernfestspielen gegeben wird.
Für Arnecke fügt sich der Abend in ein erfolgreiches Jahr (siehe nebenstehenden Bildtext). Der junge Mann hat sich mit seltener Konsequenz seinem Beruf verschrieben: Er kam nicht wie die meisten seiner Kollegen von einem Instrument zum Komponieren, er war auch nicht durch ein besonders musikalisches Elternhaus geprägt - der Vater ist Ingenieur, die Mutter singt im [Laien]chor -, für ihn stand stets das Ziel fest: Komponieren.
In der Hochschule schrieb er sich in die Klavierklasse ein, weil Klavier Pflichtfach war. Und widerlegte das Klischee, demzufolge Komponisten weltfremde Wesen sind: Er belegte auch Musik-Theorie. "Damit erwarb ich die Lehrbefähigung als wenigstens eine Möglichkeit, mich irgendwie abzusichern", sagt er, "es gibt eben nicht viele Gelegenheiten, für Geld zu schreiben." So kennen ihn Abendblatt-Leser als Kritiker und Mitarbeiter von Hamburg-LIVE und den Musik-Beilagen.
Eine wichtige Gelegenheit ergab sich im letzten Sommer, als er Mozarts "Figaro" in Bayreuth für Kleinstbesetzung umschrieb. Da macht Not erfinderisch, wenn beispielsweise der Klang von zwei Hörnern erzielt werden muss, wenn man nur eines zur Verfügung hat: "Mit Fagott unterlegt, hat kaum jemand den Trick bemerkt." Eine bemerkte ihn doch: Die [Dirigentin] eines großen Opernhauses war so beeindruckt, dass ein Auftrag die Folge war. Der glückliche Tüchtige kennt den Alltag zur Genüge: In München bewarben sich 86 Konkurrenten um einen Auftrag der Bayerischen Staatsoper für eine Kurzoper zum Thema "Odyssee". Sechs wurden genommen, darunter Arneckes Entwurf. Wenn eine bei der Uraufführung Größeres verheißt, könnte daraus ein abendfüllendes Werk werden.
Die Wettbewerbe, das Work-in-Progress, sind für den jungen Komponisten eine immens wichtige Erfahrung: "Es ist ein Unterschied, ob man nur zur Generalprobe kommt oder ein Stück wachsen sieht. In seiner eigenen Klangvorstellung isoliert zu leben, ist nicht das Ding, man muss sich auch reiben an dem, was andere machen. Dann hat man unbewusst auch sehr viel mehr vom Orchesterklang."
Für den Schaffensprozess braucht Arnecke die Stille. Zwar schreibt er noch mit Bleistift und Notenpartitur, doch für die Endfassung benutzt er ein Computerprogramm mit dem bezeichnenden Namen "Finale". Damit schreibt er die Partituren bis in alle einzelnen Stimmen. "Das ist besser lesbar und nicht so fehleranfällig wie Kopisten. Ich habe einen erlebt, der konnte eine ganze Note nicht von einer halben unterscheiden."
Und er muss sich disziplinieren. Arnecke: "Das Klischee, dass einer nur seinen eigenen Vorstellungen nachhängen kann und nur ab und zu eine Idee zu Papier bringt, das gibt es nicht. Komponieren ist harte Arbeit, zu der man sich mitunter zwingen muss."
Für ihn ist es wichtig, ganz abzuschalten. "Dann darf auch das Telefon nicht klingeln", sagt Arnecke, "und alle Dinge müssen so erledigt sein, dass man eine Woche lang nichts nebenher zu tun braucht." In seinem Ideal folgt er seinem Lehrer: "Man muss den Mut haben, auch Aufträge abzulehnen. Es nutzt nichts, wenn man schlechte Sachen abliefern muss, man sollte nur wenige gute machen."
sö, Hamburger Abendblatt, 7. März 2001
Bildtext:
Jörn Arnecke, geb. 1973 in Hameln, studierte Komposition und Musiktheorie bei Peter Michael Hamel an der Hamburger Musikhochschule. Er war Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes, verbrachte ein Jahr an Gérard Griseys Meisterklasse am Pariser Conservatoire und wurde mehrfach ausgezeichnet (u.a. Preisträger des Kompositionswettbewerbs der Hamburger Jugendmusikschule zum Brahms-Jahr 1997, 1. Preis beim Wettbewerb des Deutschen Tonkünstlerverbandes 1998) Im vorigen Jahr kamen Auftragswerke der Münchner Biennale ("Ariadne"), der Expo Hannover ("Erstarrung") und des Festivals junger Künstler in Bayreuth ("Folie") hinzu. Am 9., 10. und 11. März folgt an der Opera stabile in Hamburg die Musiktheater-Szene "Wir spielen Frieden" zu Erich Frieds Gedicht, dann wird im Juni im Münchner Cuvilliés-Theater sein "Wieder sehen" aufgeführt, ein Kurzopern-Auftrag der Bayerischen Staatsoper, der bei den Münchner und Zürcher Opernfestspielen gegeben wird.