Jörn Arnecke präsentiert seine erste OpernbearbeitungZur Bearbeitung hier klicken.
Jede Note hat ihren eigenen Willen
Am Freitagabend in die Disco und Drum‘n’Bass genießen? Das normalste der Welt für jeden Dreiundzwanzigjährigen. Nicht jedoch für Jörn Arnecke. Seine erste Opernbearbeitung wird am 24. Januar in der Hochschule für Musik und Theater uraufgeführt, im kommenden Monat erhält er [einen] Preis des Hamburger Brahmswettbewerbs, eine weitere Oper ist in Arbeit. Und all das, obwohl der gebürtige Hamelner weiß: Nachwuchskomponisten haben es schwerer denn je.
Mit seinen wuscheligen Haaren und dem grünen Fahrradhelm unter dem Arm sieht er aus wie ein Schuljunge. Doch das ändert sich ganz schnell, als er beginnt, über seine Bearbeitung von Janáceks "Katja Kabanowa" zu sprechen. "Es ist eine Oper mit sehr großer Orchesterbesetzung und großen rhythmischen Kontrasten", deutet der Student auf die Notenblätter. "Wir haben die drei Akte als Kammerstück interpretiert, das sich auf die drei Hauptcharaktere reduziert, und ich habe sie dementsprechend für eine kleine Besetzung, nämlich für zwei Klaviere, bearbeitet." Doch wer meint, daß der junge Komponist in den drei Monaten, die er für die Bearbeitung benötigte, lediglich die Noten abgeschrieben hat, der liegt falsch: "Ich mußte das ganze Stück planen, feststellen, wo die Höhepunkte sind und sie klanglich entsprechend vorbereiten."
Ein Handwerk der Abstraktion, das er in mittlerweile fast zehn Jahren Kompositionsunterricht erlernt hat. "Ohne Anlage kann man kein Komponist werden, und dann braucht man den Austausch und die Technik." Das weiß er, seit er mit 13 seine erste Sonate schrieb. Und das Wissen um die Tradition: "Um heute frei komponieren zu können, muß man erstmal ein Grundwissen über die Tradition haben, damit man weiß, wovon man sich eigentlich löst." Ein Verfahren, das er auch bei seiner Janácek-Bearbeitung eingesetzt hat: "Ich habe mich bewußt für Schlägel im Klavier entschieden, um ganz bestimmte Gefühlszustände auszudrücken. Ohne Ehrfurcht vor dem Werk funktioniert keine Bearbeitung. Nur so kann man gezielt neue Techniken einsetzen."
Und das sichert einem Komponisten die Zukunft? "Nein, ganz bestimmt nicht", lacht Arnecke. Komponisten haben es sehr schwer. Zwar vergibt die Staatsoper Aufträge, aber um die zu bekommen, muß man erstmal einen Namen haben. "Ich sehe das Problem vor allem darin, daß die klassische Musik des 20. Jahrhunderts nur sehr zögernd vom Publikum angenommen wird." Komponieren, das heißt auch immer, mit dem Publikum zu sprechen. "Der Komponist muß diese Verbindung herstellen können, was nicht zwangsläufig heißt, daß er so schreibt, wie es dem Publikum gefällt." Vielmehr, so der Vorschlag des Komponisten, sollte mehr Wert auf die Einführung in die Stücke gelegt werden. "Das Publikum fühlt sich sonst verloren in diesem wunderbaren Zusammenwirken der Bühnenmittel. Und an die Krise der Oper glaube ich einfach nicht."
Gesagt, getan: Nach der Aufführung von "Katja Kabanowa" wird sich Jörn Arnecke einer weiteren Oper widmen: "Klingt meine Linde" nach einem Stück von Astrid Lindgren. "Opern zu komponieren ist sehr schwierig, weil man sich immer fragen muß, ob es nicht schon so große Opern gibt, daß die eigene da gar nichts mehr zu sagen hat. Aber es ist auch die faszinierndste Form, Gefühle musikalisch auszudrücken."
Britta Lippold, Kultur/News, Januar 1997
Mit seinen wuscheligen Haaren und dem grünen Fahrradhelm unter dem Arm sieht er aus wie ein Schuljunge. Doch das ändert sich ganz schnell, als er beginnt, über seine Bearbeitung von Janáceks "Katja Kabanowa" zu sprechen. "Es ist eine Oper mit sehr großer Orchesterbesetzung und großen rhythmischen Kontrasten", deutet der Student auf die Notenblätter. "Wir haben die drei Akte als Kammerstück interpretiert, das sich auf die drei Hauptcharaktere reduziert, und ich habe sie dementsprechend für eine kleine Besetzung, nämlich für zwei Klaviere, bearbeitet." Doch wer meint, daß der junge Komponist in den drei Monaten, die er für die Bearbeitung benötigte, lediglich die Noten abgeschrieben hat, der liegt falsch: "Ich mußte das ganze Stück planen, feststellen, wo die Höhepunkte sind und sie klanglich entsprechend vorbereiten."
Ein Handwerk der Abstraktion, das er in mittlerweile fast zehn Jahren Kompositionsunterricht erlernt hat. "Ohne Anlage kann man kein Komponist werden, und dann braucht man den Austausch und die Technik." Das weiß er, seit er mit 13 seine erste Sonate schrieb. Und das Wissen um die Tradition: "Um heute frei komponieren zu können, muß man erstmal ein Grundwissen über die Tradition haben, damit man weiß, wovon man sich eigentlich löst." Ein Verfahren, das er auch bei seiner Janácek-Bearbeitung eingesetzt hat: "Ich habe mich bewußt für Schlägel im Klavier entschieden, um ganz bestimmte Gefühlszustände auszudrücken. Ohne Ehrfurcht vor dem Werk funktioniert keine Bearbeitung. Nur so kann man gezielt neue Techniken einsetzen."
Und das sichert einem Komponisten die Zukunft? "Nein, ganz bestimmt nicht", lacht Arnecke. Komponisten haben es sehr schwer. Zwar vergibt die Staatsoper Aufträge, aber um die zu bekommen, muß man erstmal einen Namen haben. "Ich sehe das Problem vor allem darin, daß die klassische Musik des 20. Jahrhunderts nur sehr zögernd vom Publikum angenommen wird." Komponieren, das heißt auch immer, mit dem Publikum zu sprechen. "Der Komponist muß diese Verbindung herstellen können, was nicht zwangsläufig heißt, daß er so schreibt, wie es dem Publikum gefällt." Vielmehr, so der Vorschlag des Komponisten, sollte mehr Wert auf die Einführung in die Stücke gelegt werden. "Das Publikum fühlt sich sonst verloren in diesem wunderbaren Zusammenwirken der Bühnenmittel. Und an die Krise der Oper glaube ich einfach nicht."
Gesagt, getan: Nach der Aufführung von "Katja Kabanowa" wird sich Jörn Arnecke einer weiteren Oper widmen: "Klingt meine Linde" nach einem Stück von Astrid Lindgren. "Opern zu komponieren ist sehr schwierig, weil man sich immer fragen muß, ob es nicht schon so große Opern gibt, daß die eigene da gar nichts mehr zu sagen hat. Aber es ist auch die faszinierndste Form, Gefühle musikalisch auszudrücken."
Britta Lippold, Kultur/News, Januar 1997